Vergessen wird das Ösling übrigens von Luxemburgs Regierung, welche sich dazu verpflichtete sich für das Wohl aller Bürger des Großherzogtums einzusetzen. Bei diesem Einsatz vergisst sie jedoch irgendwie ständig den Norden. Gar könnte man glauben diese Regierung hätte den Norden verloren. Und bekanntlich findet jener sein Ziel nicht, welcher sich beim Navigieren nicht am Norden orientiert. Orientierungslosigkeit gilt auch für Schwarz-Rot.
In der rezenten Vergangenheit mussten die Öslinger sich immer wieder damit abfinden, dass sie wie Drittklassige behandelt wurden. Man scheint also vergessen zu haben, dass die luxemburgische Verfassung (Artikel 10bis) ein solches politisches Benehmen gar nicht erlaubt: „Les Luxembourgeois sont égaux devant la loi.“ Errare humanum est. Das Haushaltsgesetz (besser als Budget bekannt) macht immer wieder Unterschiede zwischen den Bürgern Luxemburgs.
Unsere politische Aktualität liefert erschreckender Weise recht viele Beispiele, welche bezeugen, dass der Norden stiefmütterlich behandelt wird. Es folgt ein Panoptikum ausgewählter Argumente:
Eine gute Bildung und Ausbildung zählen zu den Fundamenten einer starken Gesellschaft und um dies zu garantieren braucht man die nötigen schulischen Infrastrukturen. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass je kleiner die Anzahl der Schüler auf einem Schulgelände, desto bessere Schul- und Ausbildungsergebnisse erreicht man. Ein Lyzeum sollte daher nicht mehr als sechshundert Schülereinheiten besitzen.
Im Norden Luxemburgs sind sämtliche Gebäude des sekundären Unterrichts überfüllt und zählen oftmals weit mehr als tausend Schüler, wodurch sich der Bau neuer Lyzeen regelrecht aus pädagogischen Gründen aufdrängt. Dies gilt auch für das Klerfer Lyzeum, welches nicht nur aus Motiven der Pädagogik, sondern auch aus Gründen der regionalen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Nordspitze unumgänglich geworden ist. Doch das Projekt „Klerfer Lyzeum“ wurde bis 2014 (Jahr der voraussichtlich nächsten Legislativwahlen) auf Eis gelegt. Bedauerlich und unvernünftig!
Einen weiteren Fehler im Bereich schulischer Infrastrukturen beging diese Regierung, als sie beschloss das „alte“ Gebäude des Ettelbrücker Krankenhauses abzureißen. Tatsächlich hätte man dieses Gebäude nutzen können um dort das „lycée technique pour professions de santé“ unterzubringen. Man hätte hier unnütze Kosten sparen können, da das bereits abgerissene Gebäude in gutem Zustand war. Nur einige Umbauarbeiten wären von Nöten gewesen. Hier hat man eine weitere Chance verpasst.
Vom Ettelbrücker Krankenhaus nun zu jenem in Wiltz und gleichzeitig zum Rettungsdienst im Norden Luxemburgs. Seit geraumer Zeit funktioniert der Rettungsdienst in Wiltz nur noch tagsüber. Wenn nachts also jemand verletzt oder schwer krank ist, so muss er auf den Ettelbrücker Rettungsdienst warten oder nach Ettelbrück in die Polyklinik fahren um die notwendige erste Hilfe zu erreichen. Dies ist, vor allem im Winter, unzumutbar für die Einwohner der Nordspitze.
Auch steht nur ein (Not)arzt nachts zur Verfügung, welcher dann Dienst in der Ettelbrücker „maison médicale“ hat. Ein Patient, zum Beispiel in Hoffelt oder Niederbesslingen, muss dann mehr als eine Dreiviertelstunde warten bis dieser Arzt da ist. Was für Folgen dies bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall haben kann, möchte man sich nicht ausmalen.
Eine Reform des Rettungsdienstes ist also unabdingbar. Wie in der Bundesrepublik Österreich könnte man auch in Luxemburg freiwillig Rettungsdienst leistenden Ärzte es erlauben mit Blaulicht zum Unfallort zu fahren. Eine zweite „maison médicale“ wäre somit überflüssig und jedem könnte innerhalb kurzer Zeit geholfen werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir jedoch noch weit entfernt von dem Ziel der Regierung, dass jeder binnen zehn Minuten professionelle erste Hilfe haben soll. Leere Versprechungen sind Opium fürs Volk!
Erhebliche Missstände gibt es auch beim Apothekendienst. Es kann nicht sein, dass ein Einwohner aus Asselborn nachts nach Vianden oder Rambrouch fahren muss, um an ein Medikament zu gelangen. Tatsächlich bedeutet dies für die betroffene Person, dass sie mehr als hundert Kilometer Hin- und Rückfahrt hinnehmen muss.
Eine Reorganisation des Apothekendienstes ist also auch notwendig. Tatsächlich müsste überall in einem Umkreis von zwanzig Kilometern eine Apotheke nachts geöffnet haben. Um dies zu ermöglichen müsste man neue Apotheken genehmigen, wie in Wintger oder Esch-Sauer beispielsweise. So hätte man in der Nordspitze drei Apotheken (Ulflingen, Klerf und Wintger), wodurch jede dieser Apotheken nur jede dritte Woche Nachtdienst hätte, was einerseits hinnehmbar wäre für die betroffenen Apotheker und andrerseits zu lange Anfahrten verhindern würde. Viele Öslinger wären erleichtert durch eine solche Reform.
Zum Transportwesen. Wenn man im Ösling wohnt ist ein Auto unumgänglich, denn ohne eigenes Fortbewegungsmittel wäre eine flexible Mobilität im Norden unmöglich. Leere Busse, welche im Stundentakt durch unsere Dörfer kreisen, erklären sich einfach dadurch, dass man um von A nach B zu gelangen oft Umwege über C, D und E einrechnen muss. Eine Einkaufsfahrt im öffentlichen Transport kann zur regelrechten Himmelfahrt werden. Hier ist also auch Handlungsbedarf notwendig, was die Regierung erkannt hat. Doch Lösungen gibt es noch keine.
Ein weiteres Problem ist das Straßennetz im Ösling, wo es immer noch keine Autobahn gibt, obwohl man die Möglichkeit hätte die Nordstrasse mit der Sankt Vither Autobahn zu verbinden. Bei einer solchen Verbindung könnte man dann auch Umgehungsstrassen bauen um zahlreiche Ortschaften zu entlasten und um dort die Lebensqualität zu erhöhen. Die Öslinger würden näher an Luxemburg-Stadt rücken. Denn momentan bietet die Nordstrasse keine Lösung, endet diese tatsächlich bereits bevor der Norden Luxemburgs wirklich beginnt. Eine richtige Nordstrasse sieht anders aus.
Den letzten Schlag ins Gesicht gab man dem Ösling, als man beschloss das Wiltzer Schloss an ein Privatunternehmen zu verkaufen. Sollte der Staat nicht dieses gut erhaltene Gebäude von kulturellem und historischem Wert selber behalten und nutzen? Eine Fehlentscheidung, welche zeigt, dass dieser Regierung nichts am Norden liegt. O animi pauperes!
Einst meinte Marcus Porcius Cato: „Et ceterum censeo Carthaginem esse delendam.’’ („Und außerdem glaube ich, dass Karthago zerstört werden muss“) Heute ist es eine schwarz-rote Regierung mit drei Ministern aus dem Norden, deren Schlachtruf ist : „Man soll den Norden zerstören!“ Mit ihrer aktuellen Salamitaktik der langsamen Zerstörung wird dies auch gelingen. Jedoch sind sich die Öslinger bewusst welches riesige Potential in ihrer Region liegt, daher werden sie bald die Quittung für die drittklassige Behandlung des Nordens ausstellen.
Der Wähler wird sein Urteil fällen. Zuerst 2011, dann 2014.
Laurent Heisten Präsident des Nordbezirks der „Jonk Demokraten“